Bin ich süchtig? Habe ich Sucht?

Geschrieben am 25.07.2023
von Daniel Tietze


Mit dieser Frage bist Du nicht allein. Das haben sich schon viele Millionen von Menschen vor Dir gefragt. Die Antwort weißt nur Du – und meist ist die Antwort ein Ja. Wer sich fragt, ob eine Suchterkrankung vorliegt, hat dafür einen guten Grund.

Das eigene Verhalten in Bezug auf psychotrope Substanzen, Online-Nutzung, Spiele und viele andere Aspekte hat einen kritischen Punkt erreicht, der die Frage fast zwangsläufig aufwirft. Da dieser Prozess schleichend vorangeht, kommt der Punkt im eigenen Empfinden und Denken meist später als der tatsächliche Beginn einer Suchtkrankheit aus medizinischer bzw. psychologischer Sicht.

2017 lagen alleine die alkoholbedingten Suchtdiagnosen (ICD10 F10) bei den ärztlichen Diagnosen mit über 300.000 auf dem 2. Platz in der Rangliste¹ der häufigsten Diagnosen. Du bist also nicht allein.



Die große Häufigkeit der Krankheit Sucht schlägt sich überall auf der Welt in der großen Anzahl an Selbsthilfegruppe nieder. Allein in Berlin gibt es über 600 Treffen von Süchtigen². Eine Selbsthilfegruppe zu besuchen, ist oft der erste Schritt für Süchtige. Weil man ja noch nicht sicher ist, ob man süchtig ist, fragt man Leute, die es scheinbar schon wissen: andere Süchtige. Eine Arztpraxis oder Klinik ist erstmal eine zu große Hürde. Außer man hat das Gefühl, wegen des eigenen Suchtverhaltens gleich sterben zu müssen: dann geht man besser in die Notaufnahme eines Krankenhauses.

Die Krankheit Sucht hat viele Ausprägungen, von denen man nicht selten auch gleich mehrere an sich selbst wiedererkennt. Ganz vorne steht da die Sucht nach Alkohol bzw. Drogen – die körperlichen und seelischen Folgen sind irgendwann verheerend. Arbeitssucht, zu viel oder zu wenig essen oder Attacken, Internet und Spielen, Glotzen, Sex- und Beziehungs-Sucht, Helfen-Syndrom, exzessiver Sport – das alles kann Ausdruck der Krankheit Sucht sein.

Für die verbreitetsten und mörderischsten Süchte – Alkohol und Drogen – sind weltweit die Selbsthilfegruppen Anonyme Alkoholiker und Narcotics Anonymous am Start, um Hilfesuchende wie Dich mit offenen Armen zu begrüßen, Dir beizustehen und Deine Fragen zu beantworten. Geh einfach mal zu einem sogenannten Meeting. Es kostet nichts, Du musst nicht Mitglied werden und kannst einfach nur zuhören, ohne viel sagen zu müssen – erstmal nur Deinen Namen, damit die anderen Dich begrüßen können.

So ein Meeting mit anderen Süchtigen ist genauso albern, wie Du es vielleicht schon in Filmen gesehen hast – aber es wird Dir gefallen. Nach Deinem ersten Meeting wirst Du Dich besser fühlen.


1 Die 20 häufigsten Diagnosen 2017: 
https://www.netdoktor.de/krankenhaus/kliniken-die-20-haeufigsten-d-11203.html

2 Filter „Sucht“ am 24.7.23 bei SeKIS Berlin abgerufen: 
https://www.sekis-berlin.de/index.php?id=1585